100 Jahre – Und was kommt jetzt?

Kevin Kühnert
Foto: Hannes Burghartswieser

11. September 2019

Juso-Bundesvorsitzender Kevin Kühnert zu Gast beim SPD-Ortsverein

100 Jahre seines Bestehens feiern zu können, ist schon etwas Besonderes. Und dass man dazu auch noch bekannte Persönlichkeiten für das Jubiläum gewinnt, ebenfalls. So konnte kürzlich der SPD-Ortsverein Ruhpolding anlässlich seines „Geburtstages“ den Bundesvorsitzenden der Juso’s, Kevin Kühnert, begrüßen, der neben seinen Glückwünschen auch einen Ausblick unter dem Motto „100 Jahre- und was kommt jetzt“ auf die künftige Politik wagte.

Der Vorsitzende des SPD Ortsvereins, Johannes Hillebrand, konnte sich über eine stattliche Zahl von Besuchern im Wintergarten des Kurhauses freuen, die der Einladung – auch über die Parteigrenzen hinaus- zu diesem Höhepunkt der Feierlichkeiten gefolgt waren. „Nach dem Besuch des damaligen Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Klaus Schütz im Jahre 1976, ist nun der Juso-Bundesvorsitzende Kevin Kühnert bei uns“, sagte Hillebrand. Das sei sehr passend zur Ausstellung „100 Jahre SPD Ruhpolding“, die derzeit in der „Alten Schule“ zu besichtigen sei. Zudem sei er dankbar, dass Margarete Schürholt und Georg Niermeier den Besuch von Kühnert in die Wege geleitet haben. Der sicher nicht unumstrittene und viel diskutierte Jungpolitiker Kühnert hob hervor, dass er auch eine Beziehung zu Ruhpolding habe, schließlich würden seine Großeltern seit 40 Jahren hier ihren Urlaub verbringen. In seiner Gratulation betonte er, dass er selten erlebt habe, wieviel Mühe sich ein Ortsverein gab, um das Jubiläum entsprechend zu feiern. „Ich habe großen Respekt“. 1919 sei ein interessantes Jahr auf dem Weg in eine neue Demokratie gewesen sagte Kühnert zum Einstieg seiner Rede. „Die Zeit der Fürsten und Könige ist vorbei“, zitierte er den Reichskanzler der Weimarer Republik, Friedrich Ebert. In diese Zeit seien nach dem Ersten Weltkrieg viele Ortsvereinsgründungen gefallen. Und jetzt? „Die SPD ist immer noch da, auch wenn es uns momentan nicht so gut geht“, meinte er. Mit klaren Worten sprach er mögliche Wege an, um „aus dem Schlamassel zu kommen“. So müsse die Sozialdemokratie wieder das Allgemeinwohl erkennen und zählte dabei eine ganze Reihe von Punkten auf. So habe seiner Meinung nach die „Qualität des Zusammenlebens“ abgenommen. Darum sei er beispielsweise für eine Deckelung der Rendite bei den Pflegeeinrichtungen. Auch zur Vermögenssteuer nahm er Stellung. Diese liege seit den 90er Jahren auf Eis und er plädiere für die Wiedereinführung. Das würde der solidarischen Absicherung guttun und Kühnert gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass dies der SPD gelingen möge. „Ob die Kurskorrektur gelingt, wird sich zeigen“, sagte er. „Was muss in einer Gesellschaft passiert sein, dass immer mehr rechtspopulistisch gewählt wird“, fuhr Kühnert weiter fort. Das „Phänomen AfD“ habe sicher auch sozialpolitische Gründe. Durch einen Strukturwandel in den Regionen wurde das Gefühl erreicht, dass die Politik nicht mehr präsent sei. Darum gelte auch für alle anderen Parteien: „Zuhören, was die Meinung der Bevölkerung und der Wähler ist“. Kühnert ließ auch die von ihm angestoßene Kritik in Bezug auf die Umstrukturierung von Großkonzernen nicht außer Acht. „Wenn die BMW-Großaktionäre Quandt und Klatten im Jahr 2018 rund 1,1 Milliarden an Dividenden eingeschoben haben, treibt das die Gesellschaft auseinander“. Rahmenbedingungen hätten ihren Preis und jeder müsse daran teilhaben können. Das sei auch eine Aufgabe der SPD. Bei der anschließenden Diskussion wurde eine große Bandbreite von Bundes- und Sozialpolitik angesprochen. Diese reichten zum Beispiel von Fragen der Finanzierung von Alten- und Pflegeheimen, die oft „gewinnorientiert und als Geldanlagen arbeiten“, über den Verbleib in der großen Koalition, zur Situation junger Leute in der Politik, zur nuklearen Teilhabe im Militärbündnis bis hin zur Frage ob nicht auch er, Kühnert, seinen „Hut in den Ring zum Parteivorsitz der SPD“ werfen wolle, was er mit den Worten zurückwies: „Ich bin zu der Einschätzung gekommen – jetzt nicht“. In seinen anderen ausführlichen Antworten fand der Bundesvorsitzende die aus seiner Sicht passenden klaren Worte, ohne Aggressionen, ohne Populismus. Der Dank des Ortsvorsitzenden Hillebrand beendete schließlich einen interessanten Abend mit Kevin Kühnert, der tags darauf noch die Gelegenheit wahrnahm, die „Chiemgau Arena“ und die interessante Ausstellung der SPD zu besuchen. hab

Kevin Kühnert und die Ortsvereinsvorstandschaft
Kevin Kühnert und die Ortsvereinsvorstandschaft

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