Dieses Thema hatte die SPD Ruhpolding für ihre Monatsversammlung im Tagungsraum des Hotels Held's ausgewählt.
Eingangs begrüßte Vorsitzender Johannes Stief alle Anwesenden und übergab das Wort an die Referentin des Abends, Maria Haßlberger. Diese ging in ihrem Vortrag ausführlich auf die Entwicklung des Wohnungsmarktes in Bayern und in Ruhpolding ein.
So wurden 2012 vom damaligen Finanzminister Söder 33 000 GBW-Wohnungen verkauft. Das 2015 von Innenminister Herrmann vorgegebene Ziel 70 000 Wohnungen zu bauen wurde nicht erreicht. Bereits im März 2016 sagte Landrat Walch: "In den Kommunen gibt es zu wenig bezahlbaren Wohnraum." Im September 2017 stellte man beim IKEK (Interkommunales Entwicklungskonzept) zum Thema Siedlungsdruck und sozialer Wohnraum fest: „Die Mietpreise in Ruhpolding steigen, die Sozialwohnungen sind weitgehend veräußert“. Es wurden Überlegungen angestellt, mit der Wohnbaugesellschaft des Landkreises eine Lösung anzustreben.
Interessant sei auch, sagte sie, dass seit 1983 der Wohnungsbestand des Wohnbauwerks von 153 (100%) auf 56 (36,6%) gesunken sei aber seit 1980 die Zahl der Einwohner von 6238 (100%) auf 7100 (113,8%) angestiegen ist. Die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass es mehr Wohnungen gibt, stellte Haßlberger fest.
Sie führte weiter aus, dass sie 2017 als Familienbeauftragte das Problem von zu wenig bezahlbaren Wohnraum für Familien bei der Gemeinde vorgetragen und um Unterstützung gebeten habe. Erfreulich sei, dass im selben Jahr das Diözesansiedlungswerk München mit der Planung begann, die bestehenden drei Wohnblöcke in St. Georg durch Neubauten zu ersetzen.
Am 15.05.2018 machte Hans Maier vom Verband der Bayerischen Wohnungswirtschaft, in dem 464 Wohnungsunternehmen zusammengeschlossen sind, die Aussage: "In Bayern wurden in den letzten 10 Jahren zu wenig Wohnungen gebaut. Wenn sich die Menschen keine Wohnung mehr leisten können ist das eine gesellschaftliche Frage".
2018 gründete das Land Bayern die staatliche Gesellschaft "BayernHeim" mit dem Ziel, 10 000 Wohnungen bis 2025 zu bauen, bisher ist jedoch noch keine neue Wohnung fertiggestellt.
Im Juni 2018 stellte die SPD Gemeinderatsfraktion einen Antrag zur Wohnungssituation in Ruhpolding und forderte den Bau von neuen Wohnungen, diesem Antrag folgte der Gemeinderat und beschloss selbst bezahlbare Wohnungen zu bauen. Die Referentin hatte schon damals angeregt, dass das Ruhpoldinger Wohnbauwerk nach dem Vorbild des Berchtesgadener Wohnbauwerks die Möglichkeit der Einkommensorientierte Förderung (EOF) nutzt und bezahlbare Wohnungen baut.
Nach der Wahl 2020 wurde der bestehende Beschluss des Gemeinderats neu aufgerollt und der Gemeinderat entschied, in der Innerlohener Str. nicht selber Wohnungen zu bauen, da die Kosten von 7,5 Mio. Euro und der Arbeitsaufwand für die Verwaltung nicht leistbar seien. Stattdessen wollte man die Wohnungen durch den vom Landkreis neu gegründeten "Zweckverband Heimat Chiemgau" bauen lassen, da dieser die Förderung durch den "Wohnungspakt Bayern" in Anspruch nehmen kann.
Als damalige Familienbeauftragte habe ich im Sommer 2021 die Möglichkeit recherchiert mit der BayernHeim zu bauen und die Ergebnisse dem Bürgermeister vorgelegt, erklärte Haßlberger. Dies wurde schließlich von der Gemeinde aufgegriffen. Im Mai 2022 fiel dann die Entscheidung der Gemeinde, das Grundstück an der Innerlohener Str. zu verkaufen und durch die BayernHeim zwei Wohnblöcke im EOF-Modell bauen zu lassen.
2022 stellte die Gemeinde auch ihre Planung vor, an der Otto-Filitz-Str. durch einen Investor 40 bezahlbare Eigentumswohnungen bauen zu lassen, eine Entscheidung stehe noch aus.
Die SPD-Ruhpolding engagiert sich seit Jahren für bezahlbaren Wohnraum und arbeitet aktiv in der 2021 gegründeten Wohnungsinitiative "Chiemgau, aber bezahlbar" der Landkreis-SPD mit. Diese hat sich mit der Wohnraumsituation in verschiedenen Gemeinden befasst. Die Ergebnisse flossen in den Antrag der SPDplus-Kreistagsfraktion ein, einen „Masterplan“ für ein Zehnjahreskonzept zum Wohnungsbau ein.
Im Mai 2022 organisierte der SPD-Ortsverein einen Erfahrungsaustausch mit der wohnungspolitischen Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Natascha Kohnen und mit Erwin Klostermeier, Bürgermeister von Putzbrunn, wobei auch die Möglichkeiten von Abschöpfungsmodellen bei Baulandbeschaffung und eine Grundstücksvergabe in Erbpacht erörtert wurden und für Ruhpolding weiterverfolgt werden sollen.
Mit der erfreulichen Feststellung, dass 2023 der Baubeginn an der Innerlohener Str. durch die BayernHeim erfolgt sei, beendete Haßlberger ihren Vortrag und eröffnete die Diskussion in der Runde.
Bei der ersten Wortmeldung fragte Manuela Wittke nach, ob die BayernHeim schon mit dem Bau an der Innerlohener Str. begonnen habe. Dies wurde von Gemeinderat Johannes Hillebrand bejaht und es konnten der Versammlung schon Fotos von der Errichtung des Unterbaus gezeigt werden. Hillebrand erklärte weiter, dass die Hillebrand Bau GmbH ein sehr stabiles Fundament mit einer Vielzahl von Trägerelementen eingebracht habe. Zu diesem Bauvorhaben vermeldete Michael Haßlberger, dass eine Wärmeversorgung durch ein Hackschnitzelheizung in Planung sei, die auch für einige Nachbargebäude Anschlussmöglichkeiten eröffne.
Weiter hob Hillebrand hervor, dass Maria Haßlberger parteiübergreifend immer wieder als Anstoßgeberin für die Errichtung der BayernHeim-Wohnanlage genannt wird. Er sagte weiter, ein Bauvergabe an dieser Stelle an den Zweckverband Heimat Chiemgau hätte eine lange Wartezeit bis zu einem Baubeginn ergeben. Ob beim Einwohnermeldeamt derzeit aktuelle Daten über bestehenden Wohnungsbedarf vorliegen konnte Maria Haßlberger nicht sagen, jedoch wisse sie, dass derzeit drei alleinerziehende Mütter dringend eine Wohnung suchen, da ihnen wegen Eigenbedarf gekündigt worden sei. Auch Ruhpoldinger Firmen suchen dringend Wohnungen für ihre Bediensteten, sagte sie weiter.
In ihrem Vortrag hatte Haßlberger informiert, dass durch einen Investor auf dem Gelände des ehemaligen Josefs-Haus 10 hochpreisige Eigentumswohnungen gebaut würden, welche innerhalb weniger Tage verkauft wurden. Aus der Runde wurde daraufhin angemerkt, dass beim Verkauf des Josefs-Hauses kein Benefit für die Gemeinde geflossen sei.
Dr. Bernd Magenau brachte die günstigen Mietpreise in Wien ins Gespräch und bemängelte den Neoliberalismus, der bei uns herrsche. Worauf Haßlberger erwiderte, in Deutschland werde der Wohnungsmarkt weitgehend dem freien Markt überlassen und wer sich die hohen Mieten nicht leisten könne, wird auf Wohngeld vom Staat verwiesen. Bei der nächsten Wortmeldung ging Claus Pichler auf den Verkauf der 33 000 GBW-Wohnungen ein und nannte extreme Misswirtschaft bei der Bayerischen Landesbank im Zusammenhang mit dem Kauf der österreichischen Hypo Alpe Adria als Grund. Die Mieter mussten ausbaden, was durch den damaligen Finanzminister Söder bewirkt wurde. Weiter sagte Pichler, es müsse nach Wegen gesucht werden, damit sich mehr als 50% der Bevölkerung Wohneigentum leisten und erhalten könne: z.B. durch Genossenschaften oder Erbbaurecht. Auch müsse über einfachere und preisweitere Bauausführungen nachgedacht werden.
Manuela Wittke sieht in Genossenschaften zumindest eine Teillösung für den bestehenden Wohnungsmangel und regte ein Mehrgenerationen-Modell in Form einer Genossenschaft an. Worauf Maria Haßlberger erwiderte, dass bei einem solchen Modell oft keine Einheimischen zum Zuge kämen. Vielleicht sei betreutes Wohnen für Ruhpolding die bessere Lösung meinte daraufhin Wittke. In Ruhpolding ist Wohneigentum momentan nicht kaufbar wurde in der Diskussionsrunde festgestellt. Georg Niermeier bemängelte dann, in der EU sei Deutschland beim Wohneigentum mit 49,5% an letzter Stelle von allen Mitgliedsstaaten. Die Bauten in den anderen Ländern seien meist mit denen in Deutschland nicht zu vergleichen.
Dass die Baupreise explodieren, in Ruhpolding wenig Flächen für Baugebiete bestünden und eine Bauweise mit Reihenhäusern vorteilhaft sein könnte wurde ebenfalls diskutiert. Wichtig sei zum einen, dass der Wohnungsbau zügig vorangetrieben werde und nicht weitere Jahre verloren gehen. Zum anderen, dass mehr Transparenz über die verfügbaren Grundstücke in der Hand von Gemeinde und Wohnbauwerk sowie deren vorgesehene Nutzung hergestellt werde.
Abschließend meinte Claus Pichler angesichts der schwierigen Lage auf dem Wohnungsmarkt seien Bund, Länder, Landkreise und Gemeinden in der Pflicht, alles Machbare zu unternehmen um rasch Abhilfe zu schaffen.